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Interview mit Stephanie Kovacs – SK Sturm DAMEN Graz

Drei Frauen auf einem Fußballfeld. Eine springt gerade in die Luft in Richtung Ball.

Ich hatte das Vergnügen mit Stephanie Kovacs, Fußballerin des SK Sturm Graz, ein Interview führen zu dürfen. Eine sympathische Frau, die mitten im Leben steht und vor Optimismus und Lebensfreude nur so sprüht.

Jacqueline: Dieses Jahr ist es ein Jubiläumsjahr für dich und deinen Verein Sturm Graz Frauen. Den Frauenfußball bei Sturm Graz gibt es nun seit 10 Jahren. Aber zurück zum Anfang. Wie kamst du eigentlich zum Fußball?

Stephanie: Ich fing schon im Kindergarten an Fußball zu spielen, meine Brüder und auch mein Vater spielten in ihrer Jugend Fußball. Mein damaliger bester Kindergartenfreund, wollte auch Fußballer werden, und so beschlossen wir unsere Karriere in St. Michael zu starten.

Bis zu meinem 15 Lebensjahr spielte ich immer als einziges Mädchen bei den Burschen mit. Zuerst bei ESV St. Michael danach im Leistungszentrum DSV Leoben. Ab 15 Jahren spielte ich in der Frauenbundesliga beim DFC Leoben, wo ich dann auch für eine Saison blieb. Danach kam bereits die erste Einberufung für das österreichische U19 Nationalteam.  Nach einigen Stationen in Wien- ASK Erlaa/Niederösterreich- Sv Neulengbach, kam ich dann wieder zurück in die schöne Steiermark. Zuerst bei LUV Graz, dann bei Mariatrost. 2011 stellte „Sturm Graz“ eine Frauenmannschaft. Die Frauenabteilung besteht seit Mai 2011 durch die Übernahme der Frauenabteilung Stattegg. Die erste Mannschaft spielt in der Planet Pure Bundesliga, die zweite Mannschaft spielt in der sogenannten Future League.

J: Eine lange und steile Karriere die du da hingelegt hast. Du wirst als Verteidigerin eingesetzt.  Warum gerade diese Position?

S: Als Kind und Jugendliche war ich eher mehr in der Offensive zu finden. Das Warum kann ich nicht erklären, irgendwann wirst du von einem TrainerIn auf eine Position gestellt wie z.B als Verteidigerin. So war es bei mir der Fall und ich konnte mich sofort mit der Position identifizieren. Mir gefällt es einfach, das Spiel von „hinten“ zu dirigieren. Man hat eine ganz andere Perspektive und kann seine Mitspielerinnen gut einteilen und motivieren.

J: Derzeit spielst du nicht, aufgrund einer Verletzung.  Du hattest auch schon in der Vergangenheit einige schwerere Verletzungen. Wie kämpft man sich da immer wieder zurück?  Wie geht es dir damit, lediglich als Zuschauerin zu fungieren?

S: Ich habe mir leider im Sprunggelenk ein Band gerissen und eines eingerissen. Daraufhin habe ich ca. eine Woche pausiert, danach ging es für eine Woche mit der Physio los und jetzt bin ich schon wieder am Laufen. Diese Tage werde ich wieder ins Training einsteigen können. Ende des Jahres 2018/19 unterzog ich mich einer Knieoperation, da ich einen Knorpelschaden Grad 4 hatte. Es wurden Knorpelzellen gezüchtet und mir eingesetzt. Das war natürlich eine schlimme Zeit für mich. Ohne Fußball, ohne die Leidenschaft und ohne meine Teamkolleginnen vier Mal die Woche zu sehen. Zum Glück hatte ich ein super Umfeld (Familie, Freunde, Teamkolleginnen), welche mich immer wieder motivierten weiter zu machen. Durch diese Zeiten habe ich viel für mich selbst gelernt, vor allem, was man mit mentaler Stärke alles erreichen kann. Ich konnte mich immer wieder zurück in die Mannschaft kämpfen. Das Zuschauen meiner Mannschaft, fällt mir oft schwer, da ich genauso mitfiebere und kaum stillsitzen kann. Ich versuche die Mannschaft dann von Außen positiv zu coachen.

J: Du wirkst so voller Energie, dass ich nachvollziehen kann, wie hart das für dich sein muss. Steffi, was waren deine Erfolgserlebnisse?

S: Für mich persönlich war es eine Ehre mit 15 Jahren eine EM- Qualifikationsrunde mit dem Österreichischen Nationalteam zu spielen. Auch UEFA Women’s Champions League durfte ich spielen. Einmal mit SV Neulengbach und drei Teilnahmen mit Sturm Graz.  Ein besonderer Erfolg war ein Relegationsspiel mit der zweiten Mannschaft von Sturm Graz, wo es um den Aufstieg in die zweithöchste Frauenliga ging. Da erzielte ich zwei Tore und wir stiegen somit in die damalige 2. Frauen Bundesliga auf.

J: Ein tolles Gefühl muss das sein. Nun die andere Seite der Medaille. Was verzeichnest du persönlich als Misserfolg?

S: Da es grundsätzlich immer ein Misserfolg ist, wenn man ein Spiel verliert, dies jedoch zum Fußball gehört, würde ich als Misserfolg meine Verletzungen bezeichnen. Es ist immer wieder ein Schock, wenn man aufgrund einer Verletzung, nicht spielen kann. Man muss nach einer Verletzung immer wieder von vorne anfangen.

J: Wie schaffst du es, zu trainieren und zu arbeiten, wie sieht es mit deinem Zeitmanagement aus?

Zeitmanagement ist ein gutes Wort, welches ich zum Glück leben kann. Ich arbeite in einem Wohnhaus mit Menschen mit Behinderung in Kalsdorf (40 Std./Woche), danach geh ich 4x/Woche zum Training. Mein Arbeitstag endet normalerweise um 15.30 Uhr und um 17.00 Uhr ist Trainingsstart am Postplatz in der Herrgottwiesgasse. In der Zwischenzeit erledige ich meistens Einkäufe oder verabrede mich mit Freunden auf einen „schnellen Kaffee“. Nach dem Training geht es meist noch zum Masseur oder Physiotherapeutin. Danach setz ich mich in`s Auto und fahre ca. 50 Minuten nach Hause, nach St. Michael. Am Wochenende Samstag oder Sonntag wird immer ein Meisterschaftsspiel der Planet Pure Frauenbundesliga absolviert. Dies ist oft mit weiteren Reisen verbunden (Tirol, Vorarlberg,..)

J: Was tust du für dich und deine Gesundheit? Körperlich sowie mental?

S: Ich achte so gut es geht auf meine Ernährung, greife auch immer wieder auf Nahrungsergänzungsmittel zurück wie z.B Omega 3, Magnesium, Vitamin D3. Somit tu ich mir und meinem Körper was Gutes. Als Sportlerin bzw. Fußballerin, ist es immer wichtig auf hohem Niveau zu trainieren und Leistung zu bringen. Mit Nahrungsergänzungsmittel kann man dies gut kompensieren. Ist mal ein Wochenende kein Spiel oder mal Pause (Sommer, Winter), versuche ich mich durch Sport wie Wandern oder Laufen fit zu halten. Auf mentaler Ebene bin ich gut gerüstet. Ich habe in den Jahren, wo ich immer wieder mal verletzt war, gelernt mit meinem Körper besser umzugehen. Auf der anderen Seite ist es mir auch wichtig ihn immer wieder herauszufordern, bis ich am Limit angekommen bin. Durch meine mentale Stärke konnte ich meine Verletzungen immer gut wegstecken. Es kommen immer wieder Herausforderungen auf einen zu. Ich denke durch Disziplin, Willensstärke, Zielsetzung, Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen, Zuversicht und vor allem Selbstreflexion ist es mir persönlich möglich geworden mich mental gesund zu fühlen.

J: Wie hast du dich während des Lockdowns fit gehalten? Wie war es für dich und deine Teamkolleginnen von heute auf morgen nicht mehr am Fußballplatz zu stehen?

Natürlich war es ein Schock, nicht mehr am Platz zu stehen, die Routine vier Mal pro Woche zu trainieren, war von heute auf morgen nicht mehr da. Als ich am Morgen eines Trainingstags in die Arbeit fuhr, packte ich in der Früh meine Trainingssachen ein, bis ich während der Fahrt bemerkte, dass ja jetzt längere Zeit kein Training stattfinden wird. Zum Glück bekamen wir noch in derselben Woche (Wochenweise) einen Trainingsplan von unserem Trainer geschickt. So konnten wir uns in dieser Zeit fit halten. Auch für meine Teamkolleginnen war es eine große Herausforderung. Kein Fußball, keine Uni und keine Schule. Plötzlich kannst du deine Teamkolleginnen welche auch meist Freunde sind, nicht mehr so oft sehen. Der soziale Kontakt erfolgte zum Glück über Zoom Meetings und einer Whats App Gruppe. Jedoch hatten wir alle das gleiche Gefühl – es ist nicht dasselbe.

J: Ja, der Lockdown hat uns wohl allen einiges abverlangt. Was mich als Frau brennend interessiert, Steffi. Mit welchen Vorurteilen bist du während deiner Karriere in Berührung gekommen?

S: Ja, Vorurteile gibt es leider immer wieder. Männer meinen oftmals, Frauenfußball ist kein Sport. Aussagen wie z.B. Frauen gehören hinter den Herd, sind mir nicht unbekannt. Jedoch überwiegen die positiven Rückmeldungen, vor allem aus der Familie ist ein riesiger Rückhalt zu spüren. Von meiner Familie und meinen Freunden, weiß ich das sie stolz sind und das wir Frauen im Frauenfußball Pioniere sind.

J: So sieht es aus. Unsere Pioniere. Ein weiteres Vorurteil, welches mir einfällt, Stutenbissigkeit unter Frauen. Von Männern hört man immer wieder, dass bei Zusammenkunft mehrerer Frauen Zickenkrieg vorprogrammiert ist. Was sagst du dazu? Ich habe da eher das Gefühl, dass ihr zusammengewachsen seid, wie Schwestern.

S: Dein Gefühl täuscht dich nicht. Natürlich ist es nicht immer einfach wenn so viele Frauen und Mädels zusammen trainieren, vor allem mit großem Altersunterschied untereinander. Ich kann aus meiner Sicht sagen, dass es Stutenbissigkeit in meiner Mannschaft nicht gibt. Wir unternehmen privat immer wieder etwas zusammen und sind eine richtig eingeschworene Partie. Ob jüngere oder ältere Teamkolleginnen, es versucht jede ihr Bestes zu geben.

J: Eingeschworene Partie hört sich gut an. Du sagtest in einem Interview mal, dass der Frauenfußball an Aufwind gewinnt. Wie äußert sich das?

S: Durch den eigenen Liga Sponsor „PLANET PURE“ und auf ORF SPORT+ werden immer wieder Spitzenspiele live ausgestrahlt. Auf der ÖFB Seite wird zusätzlich ein Spiel live übertragen. In den Medien ist Frauenfußball im Gegensatz zu früher, damit meine ich 10 Jahre zuvor, viel präsenter. Auch auf den sozialen Medien wird immer wieder etwas gepostet.

J: Meinen Like-Button bekommt ihr auf jeden Fall. Du spielst mittlerweile seit 26 Jahren Fußball. Welche Entwicklung ist dir speziell im Frauenfußball während dieser Zeit aufgefallen?

S: Aufgefallen ist mir, dass viel mehr trainiert wird. Es gibt spezifischere Trainingseinheiten und auf der physischen bzw. körperlichen Ebene gibt es eindeutig Fortschritte. Generell hat sich der Fußball stark entwickelt, auch das Taktische und die Umsetzung auf den Platz zu bringen hat sich meiner Meinung ins positive entwickelt.

J: Das ist schön zu hören. Welche weiteren Veränderungen würdest du dir für den Frauenfußball wünschen?

S: Ich persönlich würde mir wünschen, dass der Frauenfußball in naher Zukunft nicht mehr als Randsportart gesehen wird. Dass auch Frauen ihr Geld damit verdienen können und nicht nebenbei noch 40 Stunden arbeiten müssen. Noch mehr Präsenz in den Medien wie Zeitung, Fernsehen und in den sozialen Netzwerken wäre schön. Frauen im Fußball verdienen meiner Meinung nach, höhere Anerkennung als dies derzeit der Fall ist. Für mich ist es nach wie vor schön zu sehen, was diese Frauen im Fußball leisten. Mit welcher Leidenschaft sie sich einsetzen und dabei wenig bis gar nichts verdienen.

J: Da stimme ich dir vollkommen zu. Ich wünsche dir und deiner Mannschaft vor allem Gesundheit und Motivation. Ihr tragt euren Teil dazu bei, dass Frauenfußball mehr an Anerkennung gewinnt. Die Entwicklung schreitet voran. Übrigens bin ich immer begeistert, wenn ich bei einem Spiel zusehe und sich niemand auf den Boden wirft nach einem kleinen Schubser ? Danke für das Interview und alles Liebe.

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2 Gedanken zu „Interview mit Stephanie Kovacs – SK Sturm DAMEN Graz“

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